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Variationen zum Thema Küche

Seit etwas über einem Jahr ist Hélène Bangert jetzt für Architektur und Produktdesign in der Baumann Group verantwortlich. Für die ausgebildete Architektin war es verblüffend zu entdecken, wie vielfältig das Thema Küche ist.
Von Harald Sager

 

wohndesigners: Was ist Ihr Werdegang, wie kamen Sie zur Baumann Group?

Hélène Bangert ist in der Baumann Group für Architektur und Produktdesign verantwortlich. © Baumann Group

Hélène Bangert: Ich habe nach meinem Architekturstudium ein Startup-Unternehmen geleitet, das sich mit Energieeffizienz bei Gebäuden, Gebäudeenergiestandards, dem Prinzip des Aktivhauses usw. beschäftigte. Das war zwar einerseits gut, andererseits fehlte mir der Faktor Design, der mich auch interessierte. Außerdem bin ich in Ostwestfalen verwurzelt, mein Arbeitsplatz war aber dreieinhalb Fahrtstunden entfernt in Frankfurt.
Als ich daher erfuhr, dass die Baumann Group jemanden im Bereich Architektur und Design sucht, bewarb ich mich, obwohl ich eigentlich etwas jung für den Job – ich bin jetzt 30 Jahre alt – und zudem branchenfremd war. Aber Matthias Berens, der Geschäftsführer, traute mir die Aufgabe zu – wir haben einander „gefunden“. Es war ein günstiger Moment für frische Impulse: Matthias Berens ist erst seit zwei Jahren im Unternehmen und hat ihm eine neue Corporate Identity gegeben. Und ich bin jetzt seit einem Jahr dabei.

 

Was sind Ihre Aufgaben bei der Baumann Group?

Ich bin für Produktdesign sowie für Ausstellungs- und Messearchitektur in der Gruppe verantwortlich. Dazu gehören Bauformat Küchen in Löhne und Burger Küchenmöbel in Burg bei Magdeburg. Meine Bereiche werden für beide Firmen zentral von Löhne aus gesteuert, ich bin somit auch für beide zuständig. Ich bin natürlich nicht allein, sondern wir arbeiten im Team, insgesamt sechs Personen plus zwei Externe.

Die beiden Unternehmen ergänzen sich von den Zielgruppen her: Burger ist mehr im Einstiegs- bzw. jüngeren Kundensegment angesiedelt; Bauformat knüpft im mittleren Preissegment daran an und kann auch preisintensiver werden.

Die Bauformat-Linie London | Porto kontrastiert die schwarzen und grauen Grundtöne mit kraftvollen Farbakzenten. © Baumann Group

Unsere Arbeit läuft im Jahreszyklus auf die Hausmesse im September zu – für uns das wichtigste Ereignis, denn da werden die neuen Produkte vorgestellt. Wichtige Termine sind weiters die EuroCucina auf der Mailänder Möbelmesse und diverse Verbandsmessen sowie Messen im Ausland.
Wir halten unsere Hausmesse im Haus Beck ab, einem alten Rittergut, das uns als Ausstellungs- und Schulungszentrum dient. Sie ist Teil des Hausmessenverbunds Küchenmeile A30, einer dezentralen Leistungsschau führender Küchenhersteller Ostwestfalens entlang der A30, die von viel internationalem Publikum besucht wird. Da müssen jährlich rund 35 neue Küchen präsentiert werden, die von Bauformat im Erdgeschoß, jene von Burger im ersten Stock.

 

„Unsere Arbeit läuft im Jahreszyklus auf die Hausmesse im September – im Rahmen des Hausmessenverbunds Küchenmeile A30 – zu. Für uns ist sie das wichtigste Ereignis, denn da werden die neuen Produkte vorgestellt.“

 

Das heißt aber doch wohl nicht, dass jedes Jahr derartig viele neue Küchen herausgebracht werden, oder?

Eine der aktuellen Burger Küchen, die eher im Einstiegs- bzw. jüngeren Kundensegment angesiedelt sind. © Baumann Group

Nein, sondern die bestehenden Linien – bei Bauformat ist das unter anderem die eigene Lackkompetenz in matt und hochglänzend – werden weiterentwickelt. Bei jeder der aktuell 33 Küchen von Bauformat und Burger muss es mindestens eine Neuheit geben.
Da kommen Fronten und Farben, Griffvarianten, Dekore, Beschläge usw. dazu, die der Linie ein neues Erscheinungsbild geben. Auch technisch wird laufend optimiert, so etwa durch neue Regalsysteme. Bei alldem müssen die neuen Trends berücksichtigt werden. Aktuell zum Beispiel: Weniger ist mehr, Reduktion.
Es ist ein interessantes Phänomen, dass die Konsumenten ihre Küche nur alle 15, 20 Jahre einmal wechseln und dabei zu 90 Prozent die Farbe Weiß wählen. Trotzdem müssen wir als Küchenhersteller jedes Jahr eine Fülle an Neuheiten herausbringen – fast genauso wie in der Mode, bei der die Konsumenten saisonale Neuigkeiten fordern.

 

Wie war es für Sie, sich auf das Design von Küchen zu verlegen?

Die Bauleiterin der Ausstellungs- und Messearchitektur nimmt Maß. © Baumann Group

Als ich bei Bauformat anheuerte, hatte ich bereits Erfahrung im Grafikdesign, in der Ausstellungsarchitektur und im Marketing – aber nicht im Küchendesign. Bei Bauformat war aber die Bereitschaft vorhanden, es mit jemandem zu versuchen, der genau das noch nicht gemacht hat und daher ganz frisch und „anders“ an die Sache herangeht. Die erfahrene Innenarchitektin Andrea Tormin steht mir zur Seite: Sie steuert sozusagen den Blick von innen bei, ich den von außen.
Die Leidenschaft für Küchendesign kam dann mit dem Lernen, und es war für mich verblüffend zu entdecken, wie vielfältig das Produkt Küche ist und was man rund um die Küche so alles entwerfen kann. Am Beispiel des Trends zur „modernen Landhausküche“. Da gibt es vieles, das den Charme der Küche mitbestimmt, so etwa Weinregale, Tellerbords usw. Kurz, man kann die Küche nicht neu erfinden, weil sie nun einmal bestimmte Notwendigkeiten hat – aber man kann sie unendlich variieren.

 

„Ich kann meine Herkunft als Architektin nicht verleugnen: Ich denke auch bei den Küchenentwürfen ,hochbauarchitektonisch‘.“

 

Was ist Ihre grundsätzliche Herangehensweise an Küchendesign?

„Ihre Arbeit ist die Visitenkarte des Unternehmens“, sagt man mir öfters. Das ist natürlich eine große Verantwortung. Zugleich gibt es mir die Gelegenheit, in den nächsten Jahren meine eigene designerische Handschrift zu entwickeln.
Ich komme ja, wie erwähnt, aus der klassischen Architektur, wo man es gewohnt ist, in allem nach kreativen, unkonventionellen Lösungen zu suchen. Dadurch kann man sich und seinen Stil mit der Zeit unverwechselbar machen. Ich kann meine Herkunft nicht verleugnen: Ich denke auch bei den Küchenentwürfen „hochbauarchitektonisch“. Ich gehe von einem bestimmten ästhetischen Bild, einem Konzept aus und halte das in Skizzen fest. Mein Team konkretisiert dann die Grundidee und arbeitet sie aus.

 

Woher holen Sie sich neue Ideen?

Farbliche Abwechslung auch bei der Linie Cambridge. © Baumann Group

Ich beschränke mich nicht darauf, Küchentrends aufzuspüren, sondern sehe mich auch in anderen Branchen wie etwa der Einrichtung generell, bei Automobilen, in der Mode und im Ladenbau um. Es ist hilfreich, die entsprechenden Messen – die EuroShop, Mode- und Motormessen – zu besuchen, viel in großen Städten unterwegs zu sein, die einschlägigen Zeitschriften durchzuschauen. Man muss ein Gespür dafür entwickeln, was in der Luft liegt, womit man bestimmte Stimmungen erzeugen kann – und das dann in die eigenen Entwürfe einfließen lassen.
Wenn wir etwas Neues ausprobieren, arbeiten wir auch gern mit Moodboards und wollen wissen, was man in anderen Abteilungen, so etwa im Vertrieb, davon hält. Wie „funktioniert“ dieses Dekor, jene Textur, womit lässt es sich kombinieren, was passt zusammen, woran erinnert es einen? – Für uns ist das wertvolles Feedback.

 

„Ich beschränke mich nicht darauf, die Küchentrends aufzuspüren, sondern sehe mich auch in anderen Branchen um.“

 

Sie haben soeben Ihre erste Saison absolviert – wie ist Ihr Programm angekommen?

Unsere Hausmesse vergangenen September war tatsächlich die erste, bei der ich für das neue Küchendesign verantwortlich war. Sie ist gut angekommen, für die Kunden war es ein Überraschungseffekt, der in Begeisterung überging. Von der Baumann Group kam das Vertrauen in uns, dass wir etwas Gutes zustandebringen würden, und die Kunden waren dankbar für den „frischen Wind“. Es sprach sich rasch herum, dass die Neuheiten bei uns ein „must see“ sind.

 

Wie kommt es eigentlich, dass ausgerechnet in Ostwestfalen ein Gutteil der deutschen Küchenindustrie beheimatet ist?

Ich habe mir sagen lassen, dass man im Nachbarort Bünde früher Zigarren produzierte. Für die brauchte man Kisten aus Holz, und daraus wiederum entwickelte sich nach und nach der Bau von Küchen sowie die entsprechende Zulieferindustrie. Es ist schon bemerkenswert, dass das beschauliche Ostwestfalen eine Szene von Küchenherstellern beherbergt, die auf der ganzen Welt aktiv sind.

 

www.bauformat.de
www.burger-kuechen.de
www.baumann-family-group.de

 

 


Bauformat

Bauformat wurde im Jahr 1929 von den vier Gebrüdern Baumann in Löhne in Ostwestfalen, dem Herzland der deutschen Küchenherstellung, gegründet. 1991 übernahm Bauformat den in Burg bei Magdeburg angesiedelten Hersteller Burger Küchen, ebenfalls ein Traditionsunternehmen, das seit 1917 besteht. Die Baumann Group, in der Bauformat und Burger zusammengefasst sind, stellt mit 800 Mitarbeitern jährlich 115.000 Küchen her. Sie zählt damit zu den Branchengrößten in Deutschland und exportiert in alle Welt. Sie wird in dritter Generation von Delf Baumann geleitet.


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