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wohndesigners 19 WD: Designer wie Sie sind auf so vielen Gebieten tätig, dass es da schon gar keine Grenzen mehr gibt. Wie behalten Sie den Blick für das Wesentliche? SD: Bekannte Prinzipien verlieren an Bedeutung, und mit ihnen verschwinden alte Regeln. Die entstehenden Lücken werden neu gedeutet und belegt. Jedenfalls scheint uns gerade jetzt die Zeit, viele neue Möglichkeiten zu schaffen. Man kann das zum Beispiel an der neuen Kollektion Yard von Emu sehen: Emu ist eigentlich ein Spezialist für Außenmöbel aus Stahlrohr. Weil man dort aber seit kurzem verstärkt Möbel aus Aluminiumrohren herstellt, die zwar teurer, aber auch viel leichter und korrosionsbeständiger sind, konnten wir unser technisches Wissen im Bereich von extrudierten Alu-Profilen in die Zusammenarbeit einfließen lassen. Dieses Wissen stammt aus einem völlig anderen Projekt für einen anderen Hersteller. Dennoch war es für eine patentierte Innovation verantwortlich, die der Kollektion Yard zugrunde liegt, nämlich die Verbindung zwischen elastischen Gurten und einem frei gebogenen Aluminiumrohr. Man kann also sagen, dass sich für uns die Grenzen zwischen Materialrecherche, Experiment, Produktentwicklung und Design aufgelöst haben. WD: Aber das heißt eigentlich, dass man als Designer gar keine Grenzen ziehen muss... SD: Meiner Meinung nach liegen Logik und Schönheit eng beieinander. Je stärker sich Regeln auflösen, umso dringender wird es, neue zu finden. Der Wunsch nach dem Einfachen oder dem Logischen ist vielleicht heute größer denn je. Mit Komplexität kommen wir professionell zwar recht gut zurecht, aber wir können dem Benutzer keine komplizierten Produkte abliefern, sondern müssen aus den sich bietenden Möglichkeiten ein neuartiges Destillat an faszinierenden Lösungen herstellen, die natürlich einer Logik gehorchen müssen. WD: Welche Gedanken haben Sie beim Entwickeln von Yard begleitet? SD: Die meisten Emu Produkte sind in der Struktur klar und einfach. Das wollte ich bei Yard beibehalten. Wir haben aber statt der üblichen Metallsitzfläche ein elastisches Textil in den Aluminium-Rahmen eingespannt, welches einen überzeugenden Komfort ohne Kissen bietet. Gleichzeitig kann man sich die Möbel mit den Textilgurten auch gut im Innenbereich vorstellen. Unser Ziel war es, die Kollektion für den mitteleuropäischen Raum interessant zu machen. Wir wissen, dass wir bei uns in den Biergärten lieber auf Holzbänken und -stühlen sitzen. Blech ist im Sommer zu heiß, im Herbst und Frühling zu kalt. Auf Metallstühlen landet früher oder später ein Kissen, das aber ständig runterfällt und auch beim Rein- und Rausräumen nervt. WD: Wie beurteilen Sie den „Wohnraum openair“? Ist das auch Ihr theoretisches Modell? SD: Das Leben spielt sich in mitteleuropäischen Städten, sobald sich die Sonne zeigt, im Freien ab - auf der Straße, im Park oder im Garten. Das ist aber ebenso wenig eine neue Beobachtung wie diejenige, dass man heute nicht mehr zweimal täglich kocht, sondern viel mehr essen geht. Bereits seit den Siebzigern gibt es im Zentrum von München eine Stadtmöblierung in Form von einfachen Drahtstühlen, die man schon immer der Sonne nach verrutschen konnte. Der eine liest die Zeitung, der andere sitzt in der Sonne. Mir persönlich gefällt die Idee sehr, und es macht das Leben in Städten wie München oder Wien aus. Was Yard anbelangt, hat Emu die Möbel so leicht hinbekommen, dass sogar mein fünfjähriger Sohn einen Zweisitzer durch den Hof tragen kann. WD: Beim Thema Gartenmöbel denkt man automatisch an die Natur. Wie bewusst gehen Sie als Designer mit der ökologischen Verantwortung um, die wir alle zu tragen haben? SD: Das ist ein Punkt, auf dem ich nicht gerne herumreite. Es ärgert mich sogar darüber zu sprechen, weil oft so viel Blödsinn dazu erzählt wird. Am Ende ist doch alles irgendwie recyclebar. Ich kann aus meiner Sicht nur sagen, dass es für die Umwelt vermutlich am besten ist, Produkte so zu konstruieren, dass sie möglichst lange halten. Mir liegt also viel daran, dass die Produkte gut verarbeitet werden. Bei der Yard Kollektion fiel die Wahl auf Aluminium, weil Stahl trotz bester Beschichtung irgendwann zu rosten anfängt. Das führt dazu, dass Gartenmöbel, vor allem in der Gastronomie am Meer, oft nur ein oder zwei Saisonen verwendet werden können. WD: Worauf legen Sie beim Design den größten Wert? SD: Ich stelle mir oft die Frage nach dem Aufwand. Der ist in meinen Produkten möglichst versteckt. Es geht oft darum, das scheinbar Unmögliche hinzubekommen. Wenn es dann noch mühelos funktioniert, wird es faszinierend. Es ist noch nie eine große Kunst gewesen, mit viel Aufwand etwas hinzubekommen, aber es ist eine, mit sehr wenig an sein Ziel zu kommen, wobei ich kein Problem damit habe, wenn der Aufwand in einer Maschine oder in einem Werkzeug steckt. Mit dem Handwerk aufgewachsen. Designer Stefan Diez, fotografiert von Robert Fischer. Aufwand? Ja, aber unsichtbar. Dass sich Stefan Diez und sein Team alle Mühe geben, ein Produkt perfekt zu gestalten, spürt man. Aber man sieht sie nicht. Wie bei Yard von Emu.


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