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WOHNDESIGNERS 2/2013

Selbstreflexion Wie Architekten wohnen. Über so manchen Architekten weiß man viel. Die tatsächliche Persönlichkeit entfaltet sich allerdings erst im Werk, das der Architekt für sich selbst erschaffen hat. Für Architekten kann es wohl keine schwierigere Aufgabe geben als jene, für sich selbst ein Haus zu entwerfen. Diejenigen, die es trotzdem gewagt haben, die gebaute Autobiografie zu realisieren, hat Autor Gennaro Postiglione samt ihren eigenen vier Wänden eindrucksvoll porträtiert. Vision und Stil Der italienische Autor, der selbst Architektur studierte und promovierte, im Anschluss daran sogar noch die Fachschule für Industriedesign in Neapel besuchte, nimmt eine Auswahl an herausragenden Projekten und berühmten Architekten - von Alvar Aalto bis John Young - unter die Lupe. Ebenso wie ein Privathaus über seinen Besitzer unausgesprochene Geheimnisse über die Person selbst aussagt, so ist es beim Architekten noch um viele Facetten Finnland und Glasdesign sind schon seit den 1950er Jahren zwei unzertrennliche Begriffe. Die finnischen Glasmacher präsentierten ihre Entwürfe auf den legendären Weltausstellungen, zum Beispiel in Barcelona 1929, im Jahr des großen Börsencrashes, in Paris 1937, einem Jahr, das für Europa auch nichts Gutes im Rucksack dabei hatte, sowie in New York im Jahr 1939, als in Europa der Zweite Weltkrieg ausbrach. Waren die Objekte in Barcelona noch deutlich auf der Suche nach der eigenen Persönlichkeit und teilweise stark an schwedische Kreationen angelehnt, so entfaltete sich in Paris und New York merklich eine eigene, neue Identität. Allen voran waren es Alvar und Aino Aalto, die bei den beiden Ausstellungen mit echten Ikonen des finnischen Glasdesigns antraten. Nach dem Krieg war es Tapio Wirkkala, der bei der Mailänder Triennale 1951 mit seinen Arbeiten alle in seinen Bann zog und zu einem der renommiertesten Designer seiner Zeit avancierte. 1954 konnte er diesen Erfolg wiederholen. Freie Hand Die internationalen Erfolge von Aalto, Wirkkala, Timo Sarpaneva oder Kaj Franck - um nur einige zu nennen - beflügelte die finnische Glasindustrie richtiggehend. Der Erfolg sowohl im Inland als auch im Ausland war so groß, dass sich die Frage gar nicht mehr stellte, den Designern irgendwelche Vorschriften zu machen. Man ließ den Künstlern, deren Rang höher war als jener eines Bildhauers, Malers oder Komponisten, vollkommen freie Hand. Parallel zu diesem außergewöhnlichen Höhenflug verlor die Triennale, die immer mehr zum Mekka des Industriedesigns wurde, zunehmend an Bedeutung für die Glaskünstler. Neue Ansätze Die Fußstapfen der gefeierten Glasdesigner der Fünziger Jahre waren und sind immer noch groß. Für die nachfolgende Generation war es schwierig, das Erbe der Meister anzutreten beziehungsweise fortzuführen. Doch mit der Zeit wuchs eine Generation heran, die heute eine tief verwurzelte ökologische Sichtweise und ein starkes Verantwortungsbewusstsein in Hinblick auf die Zukunft unseres Planeten vertritt. Dazu gehören auch Jan Torstensson, Jahrgang 1953, und Jukka Isotalo, Jahrgang 1962, die sich intensiv mit Re-Design und Recycling in Anbetracht steigender Energiekosten und der energetisch sehr aufwändigen Schmelzprozedur von Glas auseinandersetzen. Beide machen das Recycling von Glas zur Grundlage ihrer gestalterischen Arbeit. Die Ausstellung Second Life. Upcyclingglasdesign aus Finnland ist in Zusammenarbeit mit dem Finnischen Glasmuseum in Riihimäki entstanden und ist noch bis 08. November 2013 im WAGNER:WERK Museum Postsparkasse, Großer Kassensaal, zu sehen. www.ottowagner.com AUSSTIEG Preisfrage In der zweiten Dekade des 21. Jahrhunderts gibt es so viele Designpreise wie noch nie zuvor in der Gestaltungshistorie. Mittlerweile ist es fast unüberblickbar, wo man sich überall bewerben kann, vor allem, wenn man auch daran denkt, welche Nominierung beziehungsweise welche Auszeichnung für das eigene Produkt überhaupt einen echten Sinn macht. Es ist ja wunderbar, dass Design ganz allgemein immer stärker in den Fokus der Öffentlichkeit gerät. Schöne Gestaltung war schon immer etwas, das die Fantasie beflügelt, gern diskutiert wird und zur Verschönerung des alltäglichen Lebens beiträgt. Zumindest erfüllt gutes Design diese Aufgabe. Jedoch liegt die Beurteilung darüber im Auge des jeweiligen Betrachters - zuerst meist einer hochkarätigen Fachjury, die dem guten Stück schließlich ihre Medaille umhängt. Der reale Wert eines Produktes entscheidet sich aber letzten Endes in den Augen des Benutzers. Doch noch eine ganz andere Frage wirft sich bei diesem Kapitel auf die Waagschale: Wenn man ein preisgekröntes Produkt entwickelt, produziert und es schließlich dann auch im Ladenregal steht - wie weiß der Konsument am Ende, dass es sich um einen so genannten Abräumer handelt, wenn es ihm keiner sagt? Am Ende wäre jeder, der eine solche Designikone mit sich im Sackerl nach Hause trägt, auch noch stolz darauf... Das zweite Leben und Nuancen reicher, wenn dieser für sich selbst baut. Der Satz Alles von mir bekommt eine völlig neue Bedeutung. Gebaute Selbstporträts Das imposante Druckwerk ist eine Reise durch die Köpfe der Baumeister. Wer zwischen den Zeilen liest und das, was er in Bildern sieht, interpretieren kann, erfährt mehr vom Architekten als Menschen mehr, als dieser jemals hätte in Form seiner Pläne zum Ausdruck bringen können, geschweige denn preisgegeben hätte. Die präsentierten Bauten sind - in anderen Worten - die ungeschriebenen Selbstporträts ihrer Schöpfer. E Wein mit Birke. Jukka Isotalo überarbeitete die Wasserflasche „Vesi“ in verschiedenen Varianten. © Timo Syrjänen SECOND LIFE. Upcyclingglasdesign aus Finnland - die Schau im WAGNER:WERK gibt Einblicke in die Fortsetzung einer erfolgreichen Designtradition. Kommentar Barbara Jahn, Chefredakteurin O Bau-Lektüre. Gennaro Postiglione zuhause bei den großen Architekten. © Taschen Gennaro Postiglione „Wie Architekten wohnen“ Hardcover, 480 Seiten, 29,99 erschienen im TASCHEN VERLAG IMPRESSUM WOHNDESIGNERS – Das B2B Magazin für die Designszene. Verlag und Medieninhaber: Profitext Medienagentur Habliczek KG | Eduard-Sueß-Gasse 12/2 | A-1150 Wien | profitext@chello.at | UID-Nr: ATU67200058, FN: 380147s. Herausgeber: Gerhard Habliczek | Chefredaktion: DI Barbara Jahn-Rösel | Redaktion: Gerhard Habliczek | Mag. 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