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Design muss einen Mehrwert haben

Der deutsche Designer Bernd Benninghoff entwirft nicht nur – für die Manufaktur Janua – überaus erfolgreich Holzmöbel, sondern arbeitet auch mit völlig anders gearteten Werkstoffen wie Faserverbund, Filz oder Glas. Für ihn dreht sich Design weniger um formale Aspekte als darum, Lösungen zu finden, die einen bestimmten Mehrwert haben. – Ein Gespräch mit dem Designer und Professor an der Hochschule Mainz Gestaltung.
Von Harald Sager

Bernd Benninghoff, Designer und Professor. © Bernd Benninghoff

Ihr Tisch BB 11 Clamp ist das erfolgreichste Produkt der bayerischen Möbelmanufaktur Janua. Was ist das Besondere daran?

Der Tisch BB 11 Clamp, designed by Bernd Benninghoff: Stahlspangen halten die Konstruktion zusammen. © Janua

BB 11 Clamp ist aus einer bestimmten Problemstellung heraus entstanden: Vor einigen Jahren wollte ich einen großen Esstisch aus Eichenholz für meine Wohnung haben, doch ich musste feststellen, dass ich einen solchen nicht durch das enge Stiegenhaus bringen würde. Ich dachte also nach: Vielleicht gab es die Möglichkeit, die Lamellen der Tischplatte, die ja nicht notwendigerweise verleimt werden mussten, erst vor Ort zu verbinden? So kam ich auf die Idee, die Tischplatte durch – mittels Gewindestab justierbare – Spangen aus Flachstahl zusammenzuziehen.
Die Herausforderung war, dass das Untergestell einerseits fest genug sein musste, um die Stabilität des großen Tisches zu gewährleisten, andererseits aber auch ausreichend flexibel, um das kraftschlüssige Einspannen der massiven Holzlamellen zu ermöglichen. Diese mussten somit nur lose mit Holzdübeln verbunden werden.
Ich baute drei Prototypen des Untergestells, bis ich mit dem Ergebnis zufrieden war, fuhr nach Bayern und stellte den Tisch Christian Seisenberger, dem Geschäftsführer von Janua, vor. Die Firma hatte bis dahin ausschließlich dessen eigene Entwürfe realisiert, BB 11 Clamp war die erste Zusammenarbeit mit einem externen Designer. Im Jänner 2012 waren wir damit erstmals auf der IMM Cologne, und BB 11 Clamp war sofort ein Erfolg. Ich führe das darauf zurück, dass das Konzept unmittelbar einleuchtet und auch ein Laie den Tisch selbst zusammenbauen kann.

„Das Ganze muss einen bestimmten Mehrwert haben – der rein formale Aspekt am Design interessiert mich weniger.“ – Bernd Benninghoff

Auch Ihrem Regalsystem BB 21 Strap – ebenfalls für Janua – liegt eine so einfache wie einleuchtende und doch ungewöhnliche Idee zugrunde: Die Regalbretter werden nämlich durch Gurten zusammengehalten. Wie kam es dazu?

Beim Regalsystem BB 21 Strap sorgen Spanngurte für stabile und kraftschlüssige Verbindung. © Janua

Während meines Studiums habe ich mir meine eigenen Regale aus Backsteinen und Brettern aus dem Baumarkt zusammengebaut. Aber das Ganze war naturgemäß nicht kraftschlüssig und stabil verbunden. Wie es der Zufall wollte, stand ich damals einmal im Stau neben einem LKW, und mein Blick fiel auf die Gurtschnallen zum Straffen der Plane. Da dachte ich, das könnte die Lösung sein. Ich bestellte diese Art von Schnallen beim Hersteller und experimentierte so lange, bis ich das Regal so beisammen hatte, wie ich es mir vorstellte. BB 21 Strap ist so gestaltet, dass die Regalbretter über Spanngurte, die in vertikalen Verbindungselementen eingefügt sind, verbunden werden. Das Schöne an BB 21 Strap ist auch, dass es durch die Kombination von Holz und Gurtfarbe ganz unterschiedlich wirken kann: zum Beispiel eher fröhlich durch Eiche weiß mit bunteren Gurten oder eleganter mit dünklerem Nussholz und Gurten in Anthrazitgrau. Ich muss aber gestehen, dass – ganz im Gegensatz zum Tisch BB 11 Clamp – das Neuartige an BB 21 Strap bei den Kunden noch nicht ganz angekommen ist.

Der Tisch BB 31 Connect mit markantem Y-Gestell für Janua. © Janua

Welches Ihrer Projekte liegt Ihnen besonders am Herzen?

Ich bin seit einiger Zeit der Firma cabs design, die unter anderem Akustikpaneele aus textilen Faserverbundstoffen herstellt, als designerischer Berater verbunden. Das Thema Schallabsorption wird ja heutzutage immer wichtiger, insbesondere in Großraumbüros. Durch weiche Oberflächen wie Filz lässt sich das bewerkstelligen.

„Ich beobachte viel und denke mir oft: Das müsste man doch auch anders lösen können.“ – Bernd Benninghoff

cabs design ist aus Projekten heraus entstanden, die ich mit meinen Studierenden an der Hochschule Mainz Gestaltung und den einschlägig spezialisierten Firmen Filzfabrik Fulda und M&K Filze entwickelte. Es ging dabei um designerische Möglichkeiten mit Faserverbundstoffen, und die Ergebnisse waren auf der IMM Cologne 2015 ein derartiger Erfolg, dass es sinnvoll erschien, sie professionell zu vermarkten.
Meine eigenen Produkte für cabs design sind die Akustikpaneel-Serien Outline und Outline +, die in Sandwichmanier aus zwei Schichten bestehen: Die Oberfläche aus natürlichem Wollfilz wird mit einer speziellen Schneidetechnik so eingeritzt, dass das Basismaterial Faserverbundstoff zum Vorschein kommt. Das Oberflächenmaterial ist in 24, das Basismaterial in 7 Farben erhältlich, sodass Outline optisch mannigfach variierbar ist.

Spiel mit Farben und Oberflächen: aus der Akustikpaneel-Kollektion Outline für cabs design. © cabs design

Wie würden Sie denn Ihre grundsätzliche Herangehensweise an Design beschreiben?

Die erwähnten Beispiele zeigen schön, dass es mir in erster Linie darum geht, relevante gestalterische Lösungen für bestimmte Problemstellungen zu finden. Das Ganze muss einen Mehrwert haben – der rein formale Aspekt am Design interessiert mich weniger.
Meine Entwürfe entstehen im Kopf. Ich beobachte viel und denke mir oft: Das müsste man doch auch anders lösen können. Nach und nach konkretisiert sich das, ich beginne Skizzen anzufertigen und werde am Computer genauer. Und so schnell wie möglich realisiere ich dann – gemeinsam mit meinem Netzwerk an Handwerksbetrieben – einen 1:1 Prototypen. Und dann noch einen und noch einen, bis das Stück sowohl meinen Ideen als auch den Anforderungen entspricht und den Test der Wirklichkeit bestanden hat. Ich bin ein großer Fan von Prototypen. Ich gehe in den meisten Fällen mit fertigen Produkten zu den Herstellern und erspare ihnen dadurch – wie das zum Beispiel beim BB 11 Clamp der Fall war – eine oftmals zeit- und kostenintensive Produktentwicklung.

„Es ist eine schöne Wechselwirkung mit meinen Studierenden: Sie profitieren von meiner Erfahrung und meinem Know-how, ich von ihren frischen Herangehensweisen.“

Sie arbeiten sowohl als Hochschullehrer wie auch als freier Designer. Wie geht das zusammen?

Ich habe tatsächlich eine volle Professur für Möbeldesign, Raumentwurf und Materialtechnologie an der Hochschule Mainz Gestaltung, sodass meine eigene Designarbeit außerhalb dieses Fulltime-Jobs stattfinden muss, und das ist viel. Es ist mir aber beides wichtig: sowohl die Lehrtätigkeit als auch als Designer aktiv zu bleiben – und ich denke, dass ich das meinen Studierenden schuldig bin. Es ist eine schöne Wechselwirkung mit dem designerischen Nachwuchs: Sie profitieren von meiner Erfahrung und meinem Know-how, ich von ihren frischen Impulsen.

www.benninghoff-design.com

www.cabsdesign.de

www.janua-moebel.com


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