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Design mit klarer Mission

Nina Mair ist eine kreative Tausendsasserin. Mit beiden Füßen steht sie fest in der internationalen Interior- und Architekturwelt. Ihr Credo: Nur schön reicht nicht. „Ich will Produkte und Räume schaffen, die Menschen emotional berühren“, so die Tirolerin, die mit ihren Designs Geschichten erzählt und weltweit für Furore sorgt.

Von Sylvia Pilar

Nina Mair, Architektin und Produktdesignerin. © Peter Philip

Sie haben zuletzt mit vielen Projekten auf sich aufmerksam gemacht, bekannt sind Sie auch als Produktdesignerin. Wofür schlägt Ihr Herz?
Nina Mair: Eigentlich habe ich Architektur studiert und bin dann mehr oder weniger durch Zufall mit meinem ersten Designstudio „Pudelskern“ , welches ich gemeinsam mit Horst Philipp und Georg Öhler gegründet habe, zum Produktdesign gekommen und in die Designbranche eingetaucht. Nach Auflösung unseres Kollektivs habe ich 2012 mein eigenes Studio gegründet und es gibt für mich zwei Standbeine: Produktdesign und Architektur, als Schnittstelle auch die Innenarchitektur.

Zeitloses Design mit gewissem Extra: Nina Mair zeichnet ein klarer Stil aus. Diese Formensprache spricht auch der Barwagen „Gatsby“. © Günter Kresser

Ist es eine Herausforderung, die Balance zwischen diesen Spielfeldern des Designs zu halten?
Mair: Ich habe bisher kaum ein Projekt oder einen Produktdesignauftrag abgelehnt, weil mich beide Bereiche gleichermaßen interessieren. Mein Unternehmen atmet mit den unterschiedlichen Aufträgen und ich möchte mich Architektur und Produktdesign gleich stark widmen.

„Die Natur bietet ganz unglaubliche Materialien mit besonderen Eigenschaften.“



Kommen die Kunden primär auf Sie zu oder umgekehrt?
Mair: Im Bereich des Produktdesign entsteht oft aus einem Bedürfnis heraus eine neue Produktidee und dafür habe ich meist schon eine Firma im Kopf, für die diese passen könnte. Im Normalfall kommen die Auftraggeber aber auf mich zu, weil sie meinen Stil kennen und schätzen.

Wie lässt sich dieser Stil beschreiben?
Mair: Zeitlos und schlicht, dies gilt für Architektur und Produktdesign gleichermaßen. Ich arbeite viel mit nachwachsenden, natürlichen Materialien wie Holz und Stein. Die Natur bietet ganz unglaubliche Materialien mit besonderen Eigenschaften. Ich schätze Materialien, die auch haptisch angenehm und interessant sind, und mag Produkte, die dem Innenraum eine zusätzliche Qualität verleihen.

Das Beste aus zwei Welten: In der Interior- und Architekturwelt zuhause, fließen beide in Nina Mairs Kreationen wie den extravaganten „Concrete Table“ aus Stahlbeton ein. © Markus Bstieler


Wie gehen Sie an einen Designprozess heran?
Mair: Der Entwicklungsprozess verläuft bei uns immer analog und mit Stift und Papier. Wir starten mit Handskizzen und Diskussion, gemeinsam mit meinem Team wird mittels Brainstorming eine Geschichte entwickelt, die den Leitfaden für den ganzen Entstehungsprozess bildet. Dann wird skizziert, das Konzept entwickelt, Modelle und Prototypen gebaut, digitale Modelle erstellt und mit dem Auftraggeber besprochen.

Die Projekte sind ja höchst unterschiedlich. Gibt es dennoch eine gemeinsame Designklammer?
Mair: Für mich sind die Projekte gar nicht so unterschiedlich. Meine Annäherung an ein Thema ist insofern immer die selbe, weil es schlussendlich immer um den Menschen geht, der entweder ein Objekt benützt oder ein Projekt bewohnt oder darin arbeitet. Ich will Produkte und Räume schaffen, die Menschen gut tun, sie emotional berühren. Das hat einerseits mit Materialiät zu tun, andererseits auch mit der Raumqualität und den Möglichkeiten, die jeder Raum dem Nutzer gibt.

„Nur schön funktioniert in der Architektur nicht und diesen Anspruch habe ich auch beim Produktdesign.“



Am Anfang jeder Zusammenarbeit steht ein intensiver analytischer Prozess, um Kunden und Bauherren zu verstehen und die Bedürfnisse herauszufiltern. Dafür habe ich einen Design-Fragebogen und eine eigene Methodik entwickelt, um zum Beispiel Alleinstellungsmerkmale für den Raum, das Projekt oder das Produkt zu eruieren. Schlussendlich geht es aber nicht nur um eine schöne Form, sondern um ein gutes Konzept, das für viele Jahre passt und vielleicht eine gewisse Flexibilität mit sich bringt, um es später adaptieren zu können.

Für die Flughafen Lounge wurden Sie mit dem Austrian Interior Design Award 2019 und dem German Design Award 2019 ausgezeichnet. Welche Rolle spielen Designpreise für Sie?
Mair: Für mich ist ein Projekt dann gelungen, wenn meine Gestaltungen beim Kunden und Nutzer gut ankommen und funktionieren. Es ist natürlich eine besondere Ehre, wenn man auch von Experten der Branche honoriert wird, eine Bestätigung für die eigene Arbeit und eine Stärkung der eigenen Kompetenz, weil Auszeichnungen ja auch Vertrauen wecken.

Ausgezeichnet: „Urban design and Alpine crafts“ verbindet Nina Mair bei der Airport Lounge Innsbruck, für die sie mit gleich zwei hochkarätigen Awards prämiert wurde. © Peter Philipp


Mit „Gatsby“ waren Sie heuer bei der Austrian Design-Ausstellung im Zuge des Salone del Mobile.Milano präsent. Schweift Ihr Blick auch in die Ferne?
Mair: Absolut. Im Bereich Produktdesign habe ich fast ausschließlich internationale Kunden und es freut mich, dass Produkte auch in anderen Kulturkreisen funktionieren. In andere Kulturen eintauchen zu dürfen, ist noch einmal ein Stück interessanter als immer in der eigenen, bekannten zu agieren.

Kreatives Plus: Für Projekte entwickelt die kreative Tirolerin gut und gerne eigens Möbel. Ein speziell kreierter Barhocker bereichert die Airport Lounge Innsbruck. © Peter Philipp

Bereichern dabei auch Besuche internationaler Messen? Woher beziehen Sie Inspiration?
Mair: Auf Messen zu gehen macht mir Spaß, weil sich zeigt, wie sich die Szene entwickelt, worüber andere Gestalter und Unternehmen nachdenken, an welchen Themen sie dran sind, und in welche Richtung sich der Markt entwickelt. In diesem Sinn sind Messebesuche extrem wichtig. Inspiration finde ich eher außerhalb des Arbeitsumfeldes. In der Natur unterwegs zu sein, im Urlaub das Alltagsgeschehen vor Ort zu beobachten ist für mich inspirierender als am Zeichentisch zu sitzen und auf Ideen zu warten.

Erst wenn ein Objekt seine Funktionen perfekt erfüllt, ergonomisch und bequem ist, ist es zu Ende gedacht.



Ihr Design ist also aus dem Alltag für den Alltag gemacht?
Mair: Für mich zählt neben der ästhetischen Komponente immer auch die Funktion. Erst wenn ein Objekt seine Funktionen perfekt erfüllt, ergonomisch und bequem ist, ist es zu Ende gedacht. Die Materialität und deren Lebensdauer spielt eine große Rolle.

Ist das auch Ihre Definition von gutem Design?
Mair: Nicht nur. Es gibt wunderschöne Objekte, die diese Ansprüche nicht erfüllen, sie sind aber deswegen nicht schlechter. In der Historie gibt es genügend Beispiele, die eine große Rolle spielen, und unser Denken über Gestaltung verändert und beeinflusst haben. Mein Ansatz ist, Gebäude und Objekte zu entwerfen, die dem Menschen Möglichkeiten bieten, sie unterschiedlich zu nutzen, die über das Herkömmliche hinausgehen. Dies erfordert bei den Kunden immer auch ein bisschen Mut, sich darauf einzulassen. Neben den einzuhaltenden Normen möchte ich auch den Blick andere Qualitäten im schärfen. Nur schön funktioniert in der Architektur nicht und diesen Anspruch habe ich auch beim Produktdesign.

Beeindruckend: Das von Nina Mair neu gestaltete Headquarter der Gabriel Forcher Tischlerei GmbH in Tirol vereint Innovation mit Understatement und liebevollen Details. © Markus Bstieler


Sie haben einen eigenen Showroom. Das ist eher ungewöhnlich für Designer.
Mair: Der Schauraum in Innsbruck ist einerseits aus der Idee heraus entstanden, mit Handwerksbetrieben aus der Region gefertigte Produkte ohne weitere Kosten aus dem Atelier heraus verkaufen zu können. Meine Kunden schätzen diese Unmittelbarkeit. Ich betreibe auch einen eigenen Webshop, über den ich meine Kleinserien vertreibe, und vielleicht bin ich damit an der Schnittstelle zum Möbelhandel.

An welchen Projekten und Produkten arbeiten Sie aktuell? Dürfen Sie schon etwas verraten?
Mair: Wir entwickeln für ein Franchise-Unternehmen die Innenarchitektur für eines der größten Business-Hotels in der Schweiz. Dies ist eine besonders interessante Aufgabe. Und im Bereich Produktdesign gestalten wir aktuell für ein italienisches Unternehmen eine neue Loungemöbel-Kollektion.

www.ninamair.at

Zu Nina Mair
Nina Mair ist Designerin und Architektin aus Innsbruck. Die Tirolerin studierte Architektur an der Accademia delle Belle Arti in Florenz, Italien, und an der Universität in Innsbruck. Nach dem Abschluss im Jahr 2006 gründete sie zusammen mit zwei kreativen Partnern das Designstudio „Pudelskern“, mit dem sie erstmals beim SaloneSatellite 2007 aufzeigte Seit 2012 ist sie mit ihrem eigenen Unternehmen erfolgreich und der Untertitel „Architecture + Design“ ist Programm. Mit ihrem interdisziplinären Team entwickelt sie Projekte für Premium-Marken und Privatkunden, arbeitete bislang mit nationalen Unternehmen wie Forcher und internationalen Labels wie YDOL oder Classicon zusammen und gestaltete beeindruckende Projekte wie die Airport Lounge des Innsbrucker Flughafens, für die sie mit dem Austrian Interior Design Award 2019 ausgezeichnet wurde. Ihre Mission, Produkte und Räume zu schaffen, die Identität schaffen, verfolgt sie mit Leidenschaft für Bedürfnisse, Details und räumliche Qualitäten.

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