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Kein Licht ohne Schatten

Avanciertes Lampendesign aus Wien? Klarer Fall, Megumi Ito. Die japanischstämmige Designerin entwirft Unikate und lässt sich dabei von den Räumen, in denen sie einmal stehen oder hängen werden, inspirieren. Fast so wichtig wie die Lampe selbst ist ihr die Atmosphäre, die deren Licht schafft – eine Reminiszenz an die feine Balance aus Licht und Schatten, die in den Wohnungen in ihrer alten Heimat gepflegt wird.

Von Harald Sager

 

Sind Ihre Lampen Einzelstücke? Wer produziert sie, wo kann man sie kaufen?

Megumi Ito. © Oskar Schmidt

In den meisten Fällen sind sie das. Ich arbeite mit mehreren, großteils heimischen Produzenten. So ist etwa das Kristall für bestimmte Lüster aus Österreich. Die venezianischen Gläser hingegen kommen von ebendort, nämlich aus Murano.
Da es sich, wie gesagt, um Einzelstücke handelt, die in Abstimmung mit dem Kunden entstehen, sind sie auch nur bei mir erhältlich. Eine einzige Lampe von mir hat allerdings die Galerie Tony Subal auf der Linken Wienzeile in Wien.

 

Wer sind Ihre Kunden?

Es hält sich die Waage zwischen privaten und gewerblichen Auftraggebern wie Geschäfte, Firmen, Hotels, Ordinationen …

 

 

„Wenn ich mit einem Kunden bespreche, welche Art von Lampe er haben möchte, sehe ich mir erst einmal den Raum an, in den sie kommen soll. Ich frage mich dann, was fehlt diesem Raum?“ – Megumi Ito

 

Klassik mit einem Twist: Kronleuchter für Juweliere A.E. Köchert in Wien. © Megumi Ito

Was inspiriert Sie? Ich habe den Eindruck, dass Ihnen fast alles zur Inspiration dienen und als Zitat wiederkehren kann: Spielkarten, Liebesbriefe, Schmuck, Flaggen, Rüschenkleider, Vogelnester, Dirndln, Kokons …

Wenn ich mit einem Kunden bespreche, welche Art von Lampe er haben möchte, sehe ich mir erst einmal den Raum an, in den sie kommen soll. Ich frage mich dann, was fehlt diesem Raum – etwas, das noch nicht da ist, aber hingehört; etwas, mit dem der Kunde später jeden Tag leben wird, womit er sich wohlfühlen soll. Ich habe dann das Gefühl, etwas zu sehen – an diese Vision halte ich mich. Gleichzeitig muss ich auch die Wünsche des Kunden berücksichtigen – aber nicht zu viel. Es muss eine Balance sein.

Im Eingangsbereich der Investmentfirma Wertinvest formen sich 9.000 Kupferringe zu „abschirmenden“, Wärme ausstrahlenden Beleuchtungskörpern. © Hertha Hurnaus

Für Wertinvest beispielsweise habe ich die Beleuchtung für den Empfangsbereich gestaltet. Ich dachte: Das hier ist ein tendenziell „kühler“ Business-Raum im obersten Stockwerk eines Hochhauses, es handelt sich um eine Investmentfirma – das Geld darf nicht, sozusagen, beim Dach davonfliegen, ich muss den Raum nach oben hin abschirmen! Also habe ich Beleuchtungskörper gemacht, die aus 9.000 echten Kupferringen bestehen – das ist „dicht“ und strahlt zugleich eine safrangelbe Wärme aus. Im Vestibül wiederum, dem Restaurant des Burgtheaters, herrschte eine opulente Atmosphäre aus Stuck, Marmor und Kassettendecken vor – da musste zusätzlich Kristall her. Aber nicht in Form von altmodischen Lüstern, sondern als ausgedehnter LED-Leuchtkörper aus Hunderten langen dünnen Kristallstücken längs der Bar.

 

Woher beziehen Sie die Stoffmuster für Ihre Lampenschirme?

Von überall her, aus Afrika, Japan, Italien, Deutschland, Frankreich …

 

„Die japanische Kultur hat mich stark geprägt, aber auf weniger vordergründige Weise.“ – Megumi Ito

 

Inwieweit beeinflusst die Ästhetik Ihres Heimatlands Japan Ihre Kreativität? Der Anteil an japanischen Sujets scheint gering zu sein.

Lampe Cocoon – verpuppt und eingewickelt. © Megumi Ito

Ich habe meine ersten Tischlampen „Kimono“ genannt, denn ich dachte, ich müsste sozusagen den japanischen Bezug herstellen. Aber das sind nur Äußerlichkeiten: Die japanische Kultur hat mich stark geprägt, aber auf weniger vordergründige Weise. Ich komme aus Kamakura, einer alten Stadt und früheren Hauptstadt. Man lebt dort traditionell und altmodisch und setzt das Licht in der Wohnung sozusagen ritualmäßig ein: ein bestimmtes Licht im Treppenhaus, ein anderes im Teezimmer, ein drittes zum Meditieren usw. Es wird immer eine bestimmte Balance zwischen Licht und Schatten gehalten, und bestimmte Lichter werden dazu eingesetzt, die umgebende Dunkelheit besser hervorzuheben – das finde ich grandios.
Bei uns in Japan gibt es nicht nur Schwarz oder Weiß oder Knallbunt, sondern die verschiedensten Abstufungen – wie wir ja auch von einer Mischung aus Shintoismus und Buddhismus beeinflusst sind. Die Farben, die wir verwenden, beispielsweise in der Malerei, sind weniger eindeutig, sondern gemischt. Wir Japaner fühlen uns mit mittleren Farben wohler.

 

Viele Designer arbeiten in den verschiedensten Bereichen. Warum beschränken Sie sich auf Lampen?

Leuchtende Kristallkolonne im Restaurant Vestibül. © Daniela Beranek

Das war Zufall. Nach meinem Designstudium hatte ich ein paar Siebdruck-Bahnen übrig, und der Galerist Viktor Bucher, der den „Projektraum“ in der Praterstraße betreibt, sagte mir: „Wenn Du da Lampenschirme daraus machst, stelle ich die Lampen aus.“ Das tat ich dann, es gab eine Vernissage, und alle meine Lampen wurden verkauft. Mit einer anderen Galerie passierte genau das Gleiche. Das war vor fast zwanzig Jahren. Seither bin ich dabei, und es fasziniert mich nach wie vor: Wenn ich eine Lampe designe, habe ich eine ungefähre Vorstellung von ihrer Form, von ihrem Licht usw. Aber der große Moment kommt, wenn sie als Objekt da ist und ich sie zum ersten Mal aufdrehe. In der Wirklichkeit ist sie meistens schöner als vorher, als sie nur in meiner Vorstellung existierte! Mit Besteck-Design beispielsweise hätte ich solche Momente sicher nicht … – aber würde mir vielleicht das Essen besser schmecken!

 

„Wir Japaner fühlen uns mit mittleren Farben wohler.“ – Megumi Ito

 

Wie würden Sie Ihre kreative Herangehensweise beschreiben?

Als Mischung aus Kunst und Design. Kunst insofern, als ich Einzelstücke nach meinen Vorstellungen herstelle; Design, weil ich dabei auch an den Kunden und dessen Inputs denke.

 

 

www.ito-megumi.com

 

 


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