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„Der Star ist das Holz“

tMit „One for Hundred“ lebt Anna Prinzhorn ihren Traum von maßgefertigtem, nachhaltigem Möbeldesign. Für jedes verkaufte Möbelstück werden 100 Bäume gepflanzt. „Es reizt mich nicht, ‚nur‘ gut aussehende Möbel zu fertigen“, so die ambitionierte Designerin. Sie will begeistern und bewegen.

Von Sylvia Pilar

Seit wann gibt es „One for Hundred“?
Anna Prinzhorn: Mein Mann Karl Philip und ich haben das Möbellabel Ende 2015 gegründet. Wir sind nach Aufenthalten in Prag, New York und Berlin nach Österreich zurückgekehrt und ich hatte schon länger im Kopf mein eigenes Unternehmen zu gründen. Als ich dann auch die richtigen Produktionspartner gefunden habe, hat mich nichts mehr aufgehalten.

„Alles, was das lebendige Material in sich trägt, spielt beim Designprozess eine Rolle.“

Woraus ist der Wunsch entstanden, ein Label auf stark besetzten Möbelmarkt zu gründen?
Ich habe Industriedesign an der „Angewandten“ unter Paolo Piva studiert, als Produkt- und Möbeldesignerin unter Anderem auch für Stephen Burks in NY sowie für Architekturstudios in Prag und Wien gearbeitet, und während meiner Zeit in Berlin mit zwei Freunden ein Möbellabel gegründet, das bereits in der Holzmöbelnische angesiedelt war.

Mit der Rückkehr nach Österreich wollte ich dann eine eigene Kollektion herausbringen und ich finde, dass der Markt in dem Segment, in dem wir uns bewegen, überhaupt nicht gesättigt ist.

Massivholz und Design vereint das junge Label zu maßgefertigten Kreationen wie dem Sideboard „Shadow“. © Severin Wurnig Photography

Welches ist das?
„One for Hundred“ bewegt sich preislich in der höheren Mittelklasse, aber noch deutlich unter Tischler– oder Luxusmarkenpreisen. Ich wollte mich genau in dem Segment positionieren, in dem lokale Produktion und nachhaltige Materialien vom Kunden geschätzt werden, der Produktionsprozess transparent ist und die Möglichkeit zur Individualisierung besteht, die Produkte aber preislich nicht im Luxus-Bereich mitspielen.

Genau hier gibt es immer noch zu wenig. Es ist ein Markt, der sich immer noch entwickelt.
Dazu kommt, dass Konsumenten die Scheu verlieren, Möbel online zu bestellen. Davon profitieren wir, weil es wenige Labels wie uns gibt, die sich darauf spezialisiert haben, Möbel zu entwerfen, die flach verpackbar und gut zu transportieren sind.

Die Kombination von on- und offline funktioniert also?
Ja, wobei das Eine nicht ohne das Andere funktioniert. Ich könnte nicht ausschließlich online verkaufen, weil meine Produkte natürlich groß, schwer und nicht günstig sind. Die Hemmschwelle, einen Holztisch online zu kaufen ohne ihn je gesehen zu haben, ist noch immer größer als ein Buch auf Amazon zu bestellen. Aber sie sinkt merklich.
Wir werden natürlich auch über das Internet gefunden oder Konsumenten sehen unseren Showroom und informieren sich dann auf unserer Seite.

Der Vertrieb läuft einerseits online, andererseits möchte ich ein Händlernetzwerk aufbauen, zunächst in Österreich, Deutschland und der Schweiz. Mit „Möbelwerk“ arbeite ich schon mit einem Händler zusammen und das klappt ganz unkompliziert, weil die Möbel zum gleichen Preis verkauft werden.

Mit den Themen Holz und Nachhaltigkeit seid ihr ja am Puls eines topaktuellen Trends.
Nachhaltigkeit ist ein bisschen ein überstrapazierter Begriff, aber kein leerer. Ich freue mich, dass sich immer mehr Konsumenten für Produkte entscheiden, bei denen eine Geschichte dahinter steht, sich überlegen, wie sie produziert werden, ob sie umweltfreundlich sind.

„Ich finde, dass der Markt in dem Segment, in dem wir uns bewegen, überhaupt nicht gesättigt ist.“


Ich habe in vielen Gesprächen bemerkt, dass sich Kunden nicht mehr für dumm verkaufen lassen, sondern hinterfragen, auch im Möbelbereich. Da gibt es aber noch extremen Nachholbedarf, vor allem bei der Transparenz hinkt die Möbelbranche hinterher.

Wie beeinflusst das Material das Design?
Das ist eine der größten Herausforderung bei der Arbeit mit Massivholz. Ich muss ganz besonders auf die Verbindungen achten, darauf dass sich das Holz nicht zu sehr verzieht. Alles, was das lebendige Material in sich trägt, spielt beim Designprozess eine Rolle. Die Möbel haben durch das Naturmaterial sofort eine Persönlichkeit.

Zeitlos sind die Möbel des Labels, wie das „Ribbon Regalsystem“ und der „Stack“-Tisch. © Severin Wurnig Photography


Zeigt sich dennoch deine Designhandschrift?
Ich orientiere mich an archetypischen Formen. Es war mir wichtig, dass die Stücke zeitlos sind. Zu dieser konzeptuellen kommt die funktionelle Komponente. Hätte ich mich zu sehr mit komplizierten Verbindungen, organischen Formen und verrückten Radien gespielt, würde mir das Massivholz einen Streich spielen. Deshalb sind meine Möbel minimalistisch gehalten. Der Star ist das Holz und das Besondere an den Stücken ist, dass jedes durch das Material zum Unikat wird.

„Die Möbel haben durch das Naturmaterial sofort eine Persönlichkeit.“


Sie werden ja auch maßgefertigt.
Stimmt. Meine Stücke funktionieren grundsätzlich in allen Holzarten, die ich anbiete. Hinsichtlich Maßfertigung liegt die Herausforderung meistens darin Kunden in ihren Maßvorstellungen soweit wie möglich entgegenzukommen und zu beraten, wenn sie noch keine genauen Vorstellungen haben. Die von mir angebotetenen Maße sind angepasst an die menschlichen Proportionen, an Normgrößen, an Bewegungsradien. Ihnen zu erklären, dass das gewünschte Maß nicht funktioniert, oder es auch manchmal Grenzen des Machbaren gibt ist manchmal nicht einfach, ergibt aber einen spannenden Dialog. Ich schätze diesen Austausch.

Jedes Möbel ist ein maßgefertigtes Unikat. „Yogi“ interpretiert den traditionellen Jogltisch neu, erwächst mit Bank und Hocker zur Möbelfamilie. Ebenso fein: Der Tisch „Join“. © Severin Wurnig Photography


Wo präsentiert sich das Label?
Im Moment kooperieren wir mit Thonet und betreiben bis Ende Juni gemeinsam einen Pop UP Showroom in Wien. Es gibt aber noch keinen permanenten „One for Hundred“-Showroom. Auf der blickfang Wien war ich zuletzt mit „Möbelwerk“ vertreten und überlege, bei der diesjährigen VIENNA DESIGN WEEK wieder als Programmpartner mitzumachen. Interessieren würden mich die Auftritte auf der ICFF in New York, die MAISON & OBJET in Paris, die Milan Design Week und die imm cologne. Aktuell versuche ich lokale Händler in Wien anzusprechen, Kontakte zu knüpfen und das Händlernetzwerk aufzubauen. Es gibt einen Markt für unsere Produkte und gutes Feedback, eine meiner größten Herausforderungen ist es aber, gesehen zu werden und Händler wie Innenarchitekten darauf aufmerksam zu machen.


„Ich habe tausende Ideen in meiner Schublade.“


Dein Portfolio ist breit gefächert. Was fehlt noch?
Ein großes Thema ist der Stuhl, worauf ich immer wieder angesprochen werde. Ein weiteres – und woran ich aktuell arbeite – ist eine Familie von Accessoires für den Tisch, die mehrere Funktionen erfüllen werden. Da will ich noch nicht zu viel verraten. Ich habe tausende Ideen in meiner Schublade.


Und auch große Ziele?
Meine Ziele sind sehr hoch gesteckt. Einerseits soll mein Unternehmen weiterhin erfolgreich sein und so gut wachsen wie ein Baum, allerdings schneller als eine Eiche, hoffe ich. Andererseits will ich auch bewusst disruptiv agieren um die Industrie ein bisschen wachzurütteln und mit unserer Vorgehensweise verändern. Ich fände es toll, wenn sich größere Unternehmen ein Beispiel an „One for Hundred“ nehmen, Aufforstungssprojekte unterstützen oder die Produktionskette vollkommen transparent machen würden. Das ist mein Motivator Nummer eins. Es reizt mich nicht, „nur“ gut aussehende Möbel zu fertigen.

www.oneforhundred.com

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