„Gutes Interior Design braucht Mut“
Einrichtung und Design lassen das Herz von Trine Saurstroe höher schlagen. „Interior Designer sollten über den Tellerrand hinaus sehen“, ist die EBS-Absolventin und Bloggerin überzeugt, die mit „Parsley of Happiness“ die Einrichtungs- und Influencerwelt verbindet und in dem Duett noch viel Potenzial ortet.
Von Sylvia Pilar
Mit „Parsley of Happiness“ wirfst du einen etwas anderen Blick auf die Home- und Livingszene. Bist du ausgebildete Interior Designerin?
Trine Saurstroe: Ursprünglich habe ich Wirtschaft studiert und war viele Jahre in der Privatwirtschaft. Das ist mein früheres Leben, bevor ich quasi vom Zug gesprungen bin und mich Design, Architektur, Gestaltung, den schönen Dingen und dem Schreiben gewidmet habe. Ich habe die Interior Design School in Kuchl absolviert, um mehr von der Materie ‚Interior Design‘ zu verstehen, arbeite aber nicht als Interior Designer, auch wenn ich es könnte, sondern habe vor über zwei Jahren meinen Blog „Parsley of Happiness“ gestartet. Er gibt mir viel mehr Freiraum, indem ich in vielen verschiedenen Bereichen aktiv sein und mit Partnern zusammen arbeiten kann. Von Content über Produktentwicklung bis zu Social Media gehen viele Bereiche Hand in Hand und diese vielfältigen Möglichkeiten schätze ich sehr.
Ein ziemlich großer Schritt von der Wirtschaft ins Interior Design, oder?
Saurstroe: Der Umstieg von der Berufstätigkeit zurück auf die Schulbank der EBS Kuchl war für mich schon eine Herausforderung, aber es hat sich gelohnt. Ich habe vorher nicht geglaubt, zeichnen zu lernen und das Berufsleben komplett ändern zu können. Aber wer will, kann alles erreichen, und ich kann die Ausbildung auch Spätentschlossenen absolut empfehlen.
Du sammelst ja viele Eindrücke. Was macht gutes Interior Design für dich aus?
Saurstroe: Gutes Interior Design muss die Bewohner als Person widerspiegeln. Sie sollen sich wohlfühlen.
„Wichtig ist, immer auch neben die Trends zu schauen. Was individuell passt, muss kein Trend sein.“
Ein schöner Raum sieht für jeden ganz anders aus. Dabei kommt es nicht nur auf Möbel an sich, sondern auch auf Farben, Materialien an und den Ort an, wo man in Welt zuhause ist. Wichtig ist, immer auch neben die Trends zu schauen. Was individuell passt, muss kein Trend sein.
Woran machen sich denn Trends fest?
Saurstroe: Es gibt viele Trends und es fällt schwer, den Überblick zu behalten. Interior Design ist ein bisschen wie Kunst oder guter Wein: Wer entscheidet, was gut ist? Natürlich gibt es Tendenzen, die in der Masse besser ankommen und dadurch zum Trend werden. Und es gibt Trendsetter. Hier kommen auch Blogger und Influencer ins Spiel, weil sie gewisse Strömungen früh sehen, spüren, auffangen und weitertragen.
Von Boho und Ethno über Ursprüngliches und natürliche Materialien bis zu Stahl, Samt und Seide als Materialien sind die aktuellen Trends breit gefächert und ich finde es entscheidend, offen zu sein, sich alles anzusehen, nichts auszuschließen. Alles ist möglich und gutes Interior Design braucht Mut, eigene Wege unabhängig von Trends zu gehen.
Ein Tipp an angehende Interior Designer?
Saurstroe: Interior Designer sollten über den Tellerrand hinaus sehen, Mut bei der Gestaltung und zur Farbe zu beweisen, den Menschen mit seinen Vorlieben und Bedürfnissen zu sehen, und weniger, was als Trend vorgegeben wird. Was würde sich der Kunde wünschen und wie würde er den Raum einrichten, wenn er nicht wüsste, welche Trends, Produkte und Materialien aktuell am Markt und ‚in‘ sind? Das ist die entscheidende Frage für individuelles Interior Design.
„Interior Design ist ein bisschen wie Kunst oder guter Wein:
Wer entscheidet, was gut ist?“
Welche Rolle spielen Materialien?
Saurstroe: Materialien sind bei der Einrichtung alles. In Österreich sind warme, natürliche Materialien angesagter, weil sie ansprechen und auch weil Nachhaltigkeit immer wichtiger ist. Das zeigt sich schon eine Zeit lang und wird sich zukünftig noch stärker manifestieren. Generell wird bei der Einrichtung in Österreich weniger experimentiert. Wir sollten mehr daran denken, was möglich ist, und nicht nur sehen, was immer da ist.
Und wie wohnst du?
Saurstroe: Mein Interieur ist eigentlich ein Mix aus verschiedenen Stilrichtungen.Ich richte mich unter dem Leitgedanken ein, mich wohlzufühlen und meine skandinavischen Wurzeln fließen teils bewusst, teils unbewusst ein. Da kann ich nicht aus meiner Haut.
Interieur entwickelt sich immer mit der eigenen Persönlichkeit und Zuhause hat viel viel mit Emotionen tun.
Geht es also mehr um Emotion als um Perfektion?
Saurstroe: Perfektion ist ein Punkt, der bei Bloggern und Influencern oft kritisiert wird, weil die Bilder, die in den sozialen Medien gepostet werden, zu „perfekt“ sind. Schlussendlich will aber jeder diese perfekte Illusion. Bei der Gestaltung des Interieurs sollte allerdings beachtet werden, dass es auch dann noch gut aussieht, wenn darin tatsächlich gelebt wird. Sonst ist es zwar schön, aber nicht Zuhause.
„Wir sollten mehr daran denken, was möglich ist,
und nicht nur sehen, was immer da ist.“
Das eine Bein in der Einrichtungs-, das andere in der Influencerwelt – wo siehst du Schnittstellen und Symbiosen?
Saurstroe: In Österreich ist dieses Zusammenspiel noch nicht so entwickelt, während in Europa Interior Designer, Blogger und Influencer mittlerweile stärker Hand in Hand gehen. Es geht auch nicht mehr rein um Werbung und Reichweite, sondern um gemeinsame Produktentwicklung und Ideengestaltung. Außerdem machen Blogger und Influencer, worauf der Fachhandel schon immer setzt: Persönliche Beratung. Hinter jedem Foto, Posting und Blogbeitrag begegnen Konsumenten einer realen Persönlichkeit, einer Mischung aus persönlichem Berater und Freundin, worauf sie viel mehr vertrauen als auf Werbung. Diese Qualität haben Unternehmen noch zu wenig erkannt. Einrichtungsbranche und Influencerwelt in Österreich sind immer noch zwei Paar Schuhe, ich sehe aber Symbiosen und noch viel Potenzial.
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