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„Die Küche ist die Seele des Hauses!“

Wie wird die Küche der Zukunft aussehen? Die Kölner Messe LivingKitchen, die im Jänner 2019 wieder über die Bühne gehen wird, hat den Schweizer Stardesigner und ästhetischen Vordenker Alfredo Häberli eingeladen, sich dazu so seine Gedanken zu machen. Im Rahmen des Event-Formats Future Design wird er nun auf 160 Quadratmeter Fläche Gelegenheit bekommen, seine Visionen im Maßstab eins zu eins umzusetzen.
Von Harald Sager

 

Alfredo Häberli nimmt die Zukunft der Küche in den Blick. © imm

In jeder Wohnung, die auch nur halbwegs gemütlich eingerichtet ist, gibt es ein paar heiße Kandidaten auf den Titel „Lebensmittelpunkt“: das Wohnzimmer zum Lümmeln und Fläzen, ehe wir eh recht bald vorm Fernseher oder bei einem Buch einnicken; das Schlafzimmer, wo wir uns recken und strecken und uns fallen lassen – um ebenfalls rasch wegzudösen; das Badezimmer, wo wir uns so etwas wie eine „Auszeit“ gönnen, uns ungestört selbst verwöhnen und uns dem Wohlgefühl hingeben. Aber vor allem ist es die Küche: Treffpunkt und Ort für Geselligkeit und gemeinsames Kochen und oft auch Essen; zugleich Ausdruck unseres Lebensstils und Spielwiese, um den Kochkünstler und Gaumenmenschen in uns zu entdecken.

 

Technologie, Design, Esskultur

Drei Dinge vor allem sind es, die die Entwicklung der Küche zum modernen Lebensmittelpunkt vorantreiben und deren Weg in Richtung Zukunft weisen: die technologischen Innovationen (sowohl bei den Geräten als auch bei deren Vernetzung), die Trends im Design und die sich verändernde Koch- und Esskultur. Im Vordergrund stehen daher die Fragen: Wie werden wir unsere Küchen in Zukunft ausstatten, wie werden wir sie gestalten, und welche Koch- und Ernährungstrends wird es geben?

 

„Nahrungszubereitung und -aufnahme, Feuer, Gemeinschaft: In der Küche spiegelt sich die Evolution unserer Zivilisation wider.“ – Alfredo Häberli

 

Die LivingKitchen, der internationale Küchen-Event in Köln, der im Jänner 2019 wieder über die Bühne gehen wird, greift diese Themen auf und stellt sie unter den Titeln Future Technology, Future Design und Future Foodstyle erstmals in den Mittelpunkt ihres Eventprogramms.

 

Sinnvoll und sinnlich: Ein Blick auf die Küche von morgen

Alfredo Häberli: „Ich stelle mir einen horizontalen Kühlschrank auf Augenhöhe vor, ähnlich wie ein Sideboard.“ © Alfredo Häberli Design Development

Für das neue Event-Format Future Design wird in Halle 4.2 ein experimenteller Raum für Ideen und Visionen künftiger Küchengestaltung geschaffen. Für die LivingKitchen 2019 ist nun der Schweizer Stardesigner Alfredo Häberli eingeladen worden, seine entsprechenden Vorstellungen zu realisieren. Auf 160 Quadratmeter wird eine ganzheitliche Wohnsituation entstehen, deren Mittelpunkt die Küche ist.
„Mein Konzept, dem ich das Motto ,Sense & Sensuality‘, also ,Sinn und Sinnlichkeit‘, gegeben habe, zielt darauf ab, den Raum ,Küche‘ und die Zubereitung von Essen wieder in den Fokus des Menschen zu rücken. ‚Focus‘ heißt übrigens auf Latein ,Herd‘. Die Küche als Werkstatt und Seele des Hauses ist das Bindeglied zu den angrenzenden Zonen des Wohnens“, erklärt der ästhetische Vordenker und begeisterte Hobbykoch, der sich schon mehrmals mit zeitgenössischen Formen der Küche auseinandergesetzt und auch immer wieder mit Hingabe allerlei für die Küche – Geschirr, Gläser, Besteck, Küchenaccessoires bis hin zu Salzstreuern, Küchenlöffeln und sogar Geschirrtüchern – entworfen hat. Zu seiner Affinität für alles Kulinarische mag beigetragen haben, dass die Eltern ein Restaurant und die Großeltern ein Hotel führten.

 

Elementare menschliche Bedürfnisse

Von unten nach oben: Backsteinboden auf der Gesamtfläche; die eigentliche Küchenzone mit Augmented Reality-App; die bewusst in starken Farben gehaltene, abstrakte Architektur schirmt die „Sense & Sensuality“-Küche vor den Einflüssen der übrigen Messehalle ab; „Synopsis“ sind die Gegenstände, welche die Küche bevölkern, darunter auch Häberlis Drahtstuhl Nais, die Holzfigur Bløk und Tischgläser. © Alfredo Häberli Design Development

„Für mich spiegelt sich in der Küche die Evolution unserer Zivilisation am klarsten wider, ja, die Gewinnung und Zubereitung von Essen kann als ältestes Handwerk überhaupt angesehen werden. In der Küche geht es um existentielle und tief verwurzelte Bedürfnisse wie Nahrungszubereitung und -aufnahme, Feuer und Gemeinschaft. Die Gewinnung und Zubereitung von Essen kann als ältestes Handwerk angesehen werden. Diese Funktionen bleiben von zentraler Bedeutung, werden sich aber dem modernen Leben anpassen müssen“, meint Alfredo Häberli.

 

„Die Reduzierung des Wachstums wird künftig auch in der Küche ein Thema sein.“ – Alfredo Häberli

 

Dieses werde künftig verstärkt durch Sharing-Konzepte und „Degrowth“ (Wachstumsrücknahme) charakterisiert sein: „Die Reduzierung des Wachstums wird ein großes Thema, das nicht nur Mobilitäts- und Raumnutzungskonzepte, sondern auch die Küche tangiert. Die junge Generation setzt sich verstärkt mit Themen wie ,Food Waste‘, also der Lebensmittelverschwendung und deren Vermeidung, auseinander.“

 

„Die Küche als Werkstatt und Seele des Hauses ist das Bindeglied zu den angrenzenden Zonen des Wohnens.“ – Alfredo Häberli

 

Folgerichtig kann Häberli dem allgegenwärtigen Trend zum „Smart Home“ wenig abgewinnen und sieht sich mehr in der Tradition eines Dieter Rams (des tatsächlich legendären Braun-Designers, dessen reduzierte Philosophie, Stichwort „Less but better“, insbesondere auch die Apple-Designs beeinflusste): „Ich brauche nur einen Ein- und Ausschaltknopf!“

 

„ Die Gewinnung und Zubereitung von Essen kann als ältestes Handwerk angesehen werden. Diese Funktionen bleiben von zentraler Bedeutung, werden sich aber dem modernen Leben anpassen müssen.“ – Alfredo Häberli

 

Den Steamer mit Ofen und Wärmeschublade als kleine kompakte Einheit gibt es vorläufig nur in Alfredo Häberlis Phantasie – sowie in der Augmented Reality-App vor Ort. © Alfredo Häberli Design Development

Gängige Küchengeräte wie Herd, Mikrowelle und Kühlschrank wird es in Häberlis Zukunfts-Installation nicht geben. Stattdessen will er ganz neue Features kreieren, die die Messebesucher vor Ort per App virtuell erleben können. So zum Beispiel einen Herd, der so flach ist wie ein Tablett, oder einen Kühlschrank, ausgestattet mit verschiedenen Kältezonen, in den man durch eine Glastür hineinschauen kann. „Damit man auf einen Blick den Inhalt sieht”, so Häberli. Was er sonst noch plant für die Living Kitchen? „Wer weiß, vielleicht werde ich als Koch auftreten.” Vor allem aber kann man gespannt sein, wie sich die vorerst noch angestupsten Ideen in die Realität bringen lassen.

 

„Die Küche auf der LivingKitchen wird die nahe Zukunft thematisieren.“ – Alfredo Häberli

 

Seinen offen gestalteten Entwurf einer Zukunftsküche versteht Häberli weniger als persönliche Vision denn als Denkanstoß für alle: „Ich möchte das ganz bewusst auf eine gewisse Abstraktionsebene bringen, weil die Zeit, in der wir leben, unglaublich schnell voranschreitet. Die Küche auf der LivingKitchen wird die nahe Zukunft thematisieren.“ Zwischen 14. und 20. Jänner kommenden Jahres wird dieser dann „Sinn und Sinnlichkeit“ eingehaucht.

 


Die vier Ebenen der „Future Kitchen“

Die in vier Ebenen gegliederte „Future Kitchen“ aus der Sicht von Alfredo Häberli. © Alfredo Häberli Design Development

Die erste Ebene von Häbelis Küche der Zukunft ist der Boden, der aus Backsteinen mit unterschiedlich hohen Niveaus besteht, welche die Standfläche gliedern und verschiedene Zonen bilden. Das beim Betreten entstehende Geräusch und die Archaik des Materials sollen den Besucher auf eine sinnliche Art „entschleunigen“.
Die nächste Ebene bildet die bewusst in starken Farben gehaltene, abstrakte Architektur; sie sorgt für optische Trennung gegenüber den Einflüssen der Messehalle, ist ein plakativer Blickfang und steckt skizzenhaft die diversen Bereiche in einer Wohnsituation ab.
Auf der dritten, der „persönlichen“ Ebene werden vertraute Möbelstücke und Accessoires vorgestellt, die allerdings einen leichten „Twist“ haben, um den Betrachter zu irritieren und ihn zum Hinterfragen seiner gewohnten Verhaltensweisen anzuregen.
Die vierte und letzte Ebene ist die eigentliche Küchenzone. Hier lassen sich einige von Alfredo Häberli spielerisch erfundenen Küchengeräten und Hilfsmitteln der Zukunft entdecken – jedoch nicht in der Realität, sondern mittels einer Augmented Reality-App sichtbar gemacht.


 

www.alfredo-haeberli.com

www.livingkitchen-cologne.de

 


Zu Alfredo Häberli
Alfredo Häberli, dessen Urgroßeltern Schweizer waren, die nach Argentinien auswanderten, wurde 1964 in Buenos Aires geboren. Im Anschluss an den Militärputsch von 1977 ging die ganze Familie wieder zurück in die Schweiz. Im Jahr 1991 schloss Häberli sein Industriedesign-Studium an der Hochschule für Gestaltung Zürich ab. Bereits seine Diplomarbeit wurde mit einem Preis ausgezeichnet, und noch im selben Jahr eröffnete er sein eigenes Studio.
Heute ist Häberli ein international bekannter Designer mit Sitz in Zürich, von wo aus er für zahlreiche führende Designfirmen nicht nur Möbel, Leuchten und Accessoires entwirft, sondern auch Ausstellungen und Showrooms sowie Interieurs von Shops, Restaurants und Hotels gestaltet. Seine Arbeiten wurden in ganz Europa auf Ausstellungen gezeigt und mit zahlreichen nationalen und internationalen Auszeichnungen gewürdigt. So wurde er anlässlich der Internationalen Möbelmesse in Köln zum „Designer des Jahres 2009“ gewählt und 2014 mit dem Schweizer Grand Prix Design für sein Lebenswerk geehrt.
Alfredo Häberli hat mit namhaften europäischen Herstellern wie Alias und BD Barcelona, Cappellini, Classicon, Driade, Edra, Fredericia, Luceplan, Moroso, Offecct, Vitra, Zanotta und Kvadrat zusammengearbeitet. Im kulinarischen Bereich hat er Küchensysteme für Schiffini solwie Tafelgeschirr für Iittala und Georg Jensen entworfen.


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